Wie denkt eine Psychiaterin über neue Technologien? Esther Pauchard
Manuel Stagars Manuel Stagars
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 Published On Sep 19, 2021

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Podcastwebsite: http://www.deeptechnology.ch

Esther Pauchard ist Psychiaterin und Krimiautorin. Wir sprechen über neue Technologien in der Psychotherapie, wie Fortschritt und Sucht zusammenhängen, gesellschaftlich konditionierten Narzissmus und warum wir mehr über unsere Werte nachdenken sollten.

Kernaussagen dieser Episode:

Psychotherapie ist noch nicht gross verändert durch Technologie. Therapie-Apps sind noch Science Fiction. Thema ist die Frage der Fern-Psychotherapie, das wäre möglich, doch als Psychiaterin brauche ich direkten Kontakt für die Diagnose, per Email bleiben nur noch die Worte, und das ist eine Verarmung.

Eine Psychologie-App kann nicht die Psychotherapie ersetzen, damit könnte der Eindruck entstehen, dass wir gar kein Personal mehr brauchen. Die negativen Effekte merkt man erst später.

Es sollte kein Wettlauf sein: wer ist die bessere Maschine, der Mensch oder der Computer? Stell dir vor, du hättest im Leben noch nie Fehler gemacht, dann würde man nichts lernen. Es geht nicht darum im Leben, möglichst effizient zu sein.

Neue Technologien können Sucht auslösen, vielleicht sogar auch Substanzensucht. Einige Substanzen sind wie Doping, und das passt zu einer Welt, in der immer alles schneller sein muss. Aber reden wir da von Sucht oder einfach nur von Leistungssteigerung? Die Grenze ist fliessend zwischen Krankheit und Lifestyle.

Biotech treibt die Grundannahme weiter, dass Sterben ein Kunstfehler ist. Diese Richtung finde ich nicht gut. Das Leben ist endlich. Es gibt Leute, die nicht mehr leben können aus Angst vor dem Sterben. Wir leben nicht besser, wenn wir keinen natürlichen Zugang mehr haben zu den Zyklen des Lebens.

Wir hören die Geschichten von neuen Technologien immer wieder und glauben dann, sie ist wahr. Das Credo vom stetigen Wachstum geht einfach nicht auf. Was braucht es, dass wir es endlich lernen? Das was uns von Maschinen unterscheidet macht uns Menschlich.

Was hat einen Wert? In der heutigen Zeit leider vor allem Geld und Effizienz. Doch wozu? Wir suchen nach dem "Genug", doch es kommt nie. Wir sollten back to the roots gehen, doch diese Entwicklung sehe ich leider nicht. Wir plappern einfach nach und überlegen uns zu wenig. Alles geht so schnell, da wird das Nachdenken gar nicht gefördert.

Wir haben ein Gerät in der Hand, mit der wir das gesamte Wissen der Menschheit abrufen können, doch wir schauen damit lustige Katzenbildli an.

Viele Staatsführer heutzutage haben mindestens eine psychiatrische Diagnose. In der westlichen Gesellschaft lohnt es sich ein Narzisst zu sein und manisch gerade auch noch, das sind Werte, die belohnt werden bei uns. Wer auffällig und etwas seltsam ist, wird gewählt. Das ist ein Fehler im System.

Wir denken nicht mehr und machen keinen Gebrauch von unserem Gehirn. Wir lassen uns lieber ein paar Memes über den Grind rieseln als richtig nachzudenken. Wir sollten uns öfter überlegen, wie wir zu Dingen stehen, was unsere Werte sind.

Die grosse Falle ist, wenn wir denken, dass die Probleme zu gross sind, dass wir etwas tun können. Grosse Probleme sind die Summe von vielen kleinen, und darauf haben wir Einfluss.

Leute wie Elon Musk, die einen Chip in die Gehirne der Menschen einpflanzen will, das finde ich gruslig. Wer will so etwas? Wenn ein Patient so etwas in der Psychiatrie sagen würde, dann würde ich mir überlegen, ob er in die Gummizelle muss. Das wäre eine normale Reaktion, doch Elon Musk ist einer der gefeiertsten Leute der Welt. Warum? Ein Faktor ist halt auch, dass nur noch die geilsten Reize durchkommen, doch auch die werden schal. Das Konzept vom "Genug" wäre sehr hilfreich, glaube ich.

Die Unsicherheit vor der Zukunft kann man besser bewältigen, wenn man sie gut bewertet. Wenn man die Dinge als positive Gelegenheit sieht, dann ist es einfacher, Energien werden frei. Auch in der Depressionsbehandlung muss man aktiv werden und Selbstverantwortung übernehmen. Wenn das jeder macht, dann passiert etwas.

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Deep Technology ist ein Podcast, in dem Menschen in der Schweiz über die Rolle neuer Technologien in ihrer Arbeit und ihrem Leben sprechen.

Projekt- und Medienpartner dieser Episode: Digitale Gesellschaft (http://www.digiges.ch) und nau.ch (http://www.nau.ch). Dieser Podcast ist möglich dank Unterstützung der Stiftung Mercator Schweiz, der Ernst Göhner Stiftung und Kultur Wetzikon. Konzept und Produktion: 8GR8 Story-Driven Science, Manuel Stagars.

Mehr Infos zum Podcast und neue Episoden sind abrufbar auf https://www.deeptechnology.ch.

Die Digitale Gesellschaft setzt die neuen Episoden jeweils in Kontext mit digitalen Entwicklungen in der Schweizer Politik. Artikel zu jeder neuen Episode kannst du hier lesen: http://www.digitale-gesellschaft.ch/t...

Die Newsplattform Nau.ch bereitet die Episoden als Artikel auf. Diese kannst du hier lesen: http://www.nau.ch/lifestyle/deep-tech...

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